Wir merken es alle: Die Preise für praktisch alles steigen gerade. Die einen müssen ein bisschen den Gürtel enger schnallen. Vielleicht merken sie, dass sie sich gewisse Dinge nicht mehr leisten können, die sie sich noch vor ein paar Wochen gegönnt haben. Bei anderen kann es passieren, dass sie hungrig ins Bett gehen. Wir haben unter anderem mit Menschen am Rande der Gesellschaft im Hochstift gesprochen. Ihre Aussage: Klar, es gibt viele Netze und Hilfestellen in Deutschland. Aber wer einmal abrutscht, der kommt schwer wieder auf die Beine. Besonders jetzt... Darauf möchten wir aufmerksam machen.
4.000 Kunden hat die Paderborner Tafel mittlerweile – und es werden täglich mehr. Ein Grund dafür sind die aktuell stark steigenden Preise. Wir haben mit Wolfgang Hildesheim gesprochen. Der 68-Jährige ist Chef der mit Abstand größten Tafel im Hochstift.
Radio Hochstift: „Herr Hildesheim, wie peinlich finden Sie es, dass es die Tafel auch in Paderborn überhaupt geben muss?
Hildesheim: „Es ist leider so, dass wir die Tafel einfach brauchen. Schöner wäre es, wenn wir sie nicht bräuchten. Aber das wird es wohl, bei uns in Deutschland und auch in anderen Ländern nicht geben."
Paderborner Tafel
RH: „Wer ist aus Ihrer Sicht Schuld an der Situation?“
Hildesheim: „Schuld ist auch die Politik. Die Leute haben einfach zu wenig Geld. Die Preise steigen immer mehr und die Armut wird immer größer.“
RH: „Hat sich die Situation bei der Tafel, aufgrund der aktuell stark steigenden Preise, noch mal verschärft?
Hildesheim: „Es kommen immer mehr Kunden. Bedingt auch dadurch, dass die Löhne nicht wirklich mitwachsen. Jetzt kam noch der Ukraine-Krieg dazu. Seitdem arbeiten wir am Limit. Früher hatten wir Rentner und HartzIV-Empfänger als Kunden. Heute kommen auch Schüler, Geringverdiener, Kurzarbeiter und viele mehr.“
Als armutsgefährdet gelten in Deutschland Menschen, die monatlich über weniger als 60 Prozent des mittleren Netto-Haushaltseinkommens verfügen. Ende 2021 veröffentlichte der Paritätische Wohlfahrtsverband seinen neuen Bericht "Armut in der Pandemie. Der Paritätische Armutsbericht 2021" In Kürze: Die Armutsquote hat mit 16,1% einen neuen Höchststand erreicht. 13,4 Millionen Menschen in Deutschland gelten also als arm.
Seit Wochen veröffentlichen auf Twitter immer mehr und immer wieder User ihre Geschichten unter dem Hashtag #ichbinarmutsbetroffen . In Gang gebracht wurde der Hashtag von der alleinerziehenden Mutter 'Finkulasa'. Mittlerweile gibt es mehr als 200.000 Tweets zu diesem Thema. (Stand: 17.06.2022).
#IchBinArmutsbetroffen heißt, zu überlegen, welche rezeptfreien Medikamente man kauft - und welche nicht.
— ArmUndEinsam (@ArmEinsam) June 11, 2022
Heißt, Systeme zu entwickeln beim Einkauf, im Laden zu rechnen - um dann doch wieder etwas liegenlassen zu müssen.#wirsindlaut#wirsindviele
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„Ich habe überlegt, welche Möglichkeiten ich jetzt habe, etwas mehr Geld für Lebensmittel zu haben. Als erstes habe ich beschlossen, meine Mitgliedschaft im Fitnessstudio zu canceln.“
„Ich brauchte neue Autoreifen. Um etwas mehr Geld reinzubekommen, habe ich mich von sieben bis 16 Uhr auf den Flohmarkt gestellt. Mit den Einnahmen konnte ich immerhin einen Reifen bezahlen.“
„Ich mache mir Sorgen, wenn Anfang des kommenden Jahres zum Beispiel die Stromabrechnung kommt. Ich versuche, Geld an die Seite und zu legen. Ich gönne mir nichts großartig.“
„Altersarmut ist das Schlimmste, was ich mir vorstellen könnte. Wenn ich alte Leute sehe, die Flaschen sammeln, bete ich, dass mir sowas nicht passiert.“
Die Paderbornerin hat in ihrem Leben schon alles mitgemacht: Sie wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf - später wurde sie drogenabhängig und saß im Knast. Mittlerweile ist sie wieder clean. Aber sie lebt am Existenzminimum. Uns hat sie ihre Geschichte erzählt.
Wir haben auch mit Joachim Veenhof, Geschäftsführer vom Katholischen Verein für soziale Dienste in Paderborn gesprochen.
Was mir besonders Sorge macht, ist die Gas- und Stromkostenentwicklung. Weil da, wissen wir, wird erst zum Jahreswechsel abgerechnet und das Jobcenter übernimmt nicht alle Kosten, die dann entstehen und die Rücklagen sind nicht da.
Er sieht auch den Lebensstil seiner Klientinnen und Klienten in Schieflage. Konnte der SKM bis jetzt noch den einen oder anderen zu einer gesunden Ernährung motivieren, so wird das jetzt mit steigenden Lebensmittelkosten über Bord geworfen. Die Menschen sind froh, wenn sie überhaupt etwas auf dem Tisch haben. Alles, was sie sich vielleicht sonst noch mal zwischendurch gegönnt haben, das wird auf Kosten der Lebensqualität weggespart.
Nicole Wiggers, stellvertretende Geschäftsführerin von KIM - soziale Arbeit und eine der Sprecherinnen vom Runden Tisch Armut in Paderborn, war live zu Gast im Studio bei Sinah Jakobsmeyer und hat erzählt, wie schwierig die aktuelle Lage für Menschen am Existenzminimum ist:
Kreis Paderborn
Kreis Höxter
Im Kreis erstellte die Arbeitsgemeinschaft der Wohfahrtsverbände aus Paritätischem, dem Deutschen Roten Kreuz, der Arbeiterwohlfahrt und dem Caritasverband in Kooperation mit dem Kulturland Kreis Höxter einen Flyer, in dem viele Hilfestellen für das gesamte Kreisgebiet aufgeführt werden. Die Höxteraner Hilfestellen haben wir euch im Folgenden einmal herausgesucht:
Höxteraner Mittagstisch
Di & Do 12-13:15 Uhr
Brüderstraße 7, Höxter
Telefonnummer: 05271 2204
Diakonie
Höxter Tisch
Mo 16-18 Uhr / Di 10-15 Uhr / Do 15-18 Uhr / Mi & Fr nach Vereinbarung
Westernbachstraße 19 (Hinterhaus), 37671 Höxter
Tel: 05271 36145 / Mobil: 0172 5210237
„Höxter Tisch“ e.V.
DKSB – Kleiderstübchen Kinderschutzbund
Mo-Do 10-14 Uhr / Di 8-13 Uhr
Mi 15-18 Uhr / 1. Mittwoch im Monat 8-13 Uhr
Berliner Platz 1, 37671 Höxter
Telefon: 05271 4989220
Kleiderkammer Deutsches Rotes Kreuz
Di 14-16 Uhr
Corveyer Allee 29a, 37671 Höxter
Telefon: 05271 932150
Kleiderkammer Höxter Tisch e.V.
Mo 16-18 Uhr / Di 10-15 Uhr / Do 15-18 Uhr / Mi & Fr nach Vereinbarung
Westernbachstraße 19 (Hinterhaus), 37671 Höxter
Tel: 05271 36145 / Mobil: 0172 5210237
„Höxter Tisch“ e.V.
Schulmaterialienkammer
Jeden 1. Donnerstag im Monat 14-15 Uhr & Sondereröffnungszeiten Schuljahresbeginn
Brüderstraße 7, 37671 Höxter
Telefon: 05271 2204
Diakonie
GAB Gebrauchtartikelbörse
Mo-Do 9-16:30 Uhr / Fr 9-16:30
Stummrigestr. 30a, 37671 Höxter
Tel: 05271 951430
Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung Bielefeld
Dann meldet euch gern bei Sinah Jakobsmeyer und Tobias Fenneker per Mail.