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Lea Wirz
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Sind das wirklich Freunde in unserer Liste?

Manchmal hat man doch bei sozialen Medien das Gefühl: Das sind keine sozialen, das ist asoziale Netzwerke. So wie die Leuten da miteinander umgehen. Das ist eine Sicht auf die Dinge. Jeannine Teichert von der Uni Paderborn sagt: Naja, abgesehen von Hatespeech & Co. dienen soziale Netzwerke aber wirklich dazu, mit Menschen in Kontakt zu bleiben, die wir nicht jeden Tag sehen. Sie machen es uns leichter, das Leben von entfernten Bekannten zu verfolgen. Man muss nicht mehr den Hörer in die Hand nehmen, um das zu tun. Teichert hat dazu eine Studie gemacht und uns von den Ergebnissen erzählt.


Social Media: Das Sammelbecken alter Bekanntschaften

Jeannine Teichert (Foto: Beate C. Koehler) arbeitet an der Uni Paderborn und hat sich mit einem Thema beschäftigt, das perfekt in unseren Radio Hochstift-Themenblock passt: „Unser Leben mit Social Media“. Sie hat Freundschaften dort, auf Social Media, untersucht und kam zum Schluss: Die großen Plattformen werden nicht mehr für die Pflege von engen Freundschaften genutzt, vielleicht eher für die oberflächlicheren Bekanntschaften.

"Also oberflächlich, wenn es sich um ehemalige Kontakte handelt. Mit denen besteht eigentlich kein Kontakt mehr, aber es hat sich herausgestellt, dass Social Media als eine Art Sammelbecken genutzt werden."

Sie hat Interviews mit Leuten zwischen 22 und 37 Jahren geführt und festgestellt: Für die alltäglichen, engeren Freundschaften werden eher Messenger Dienste genutzt. Darüber wird dann auch erzählt, was man gerade so macht, anstatt ein Bild auf Facebook hochzuladen. Bei engen Freundschaften spielen also die eigene Darstellung in Form von Status-Updates etc. weniger eine Rolle. Klar, das gibt es auch. Aber eben selten als Info an den engeren Freundeskreis. Hört sich fast ein bisschen so an, als ob die Kommunikation von Privatem tatsächlich wieder ein bisschen ins Private gerückt ist, wo es ja auch eigentlich hingehört.

"Was ich am faszinierendsten finde ist tatsächlich, dass man mit Freunden, die weiter weg wohnen - also wirklich über weite geografische Distanzen hinweg -, auch wenn man nicht oder wenig kommuniziert eine sehr starke Verbindung über sehr lange Zeit beibehalten kann. Ich glaube, das war für mich die interessanteste Erkenntnis."

Dafür eben, sagt sie, ist so ein soziales Netzwerk auch gut. Das ist ja eigentlich auch ein total ursprünglicher Gedanke davon. Dass man dort vielleicht mal etwas vom alten Schulfreund von früher mitbekommt. Hopfen ist Malz ist also noch nicht verloren. in Sachen Social Media. 

Ohne Social Media hätten wir so manchen Kontakt nicht mehr

Teichert fasst zusammen: Die großen Social Media-Plattformen werden häufig für ehemalige Kontakte genutzt. Also Menschen, mit denen wir mal Kontakt hatten und die auch mal Teil des Alltags waren. Oder aber das Ganze wird zur Beobachtung von Menschen genutzt, die kaum präsent im Alltag sind, die also vielleicht weiter weg wohnen. Mit denen man also gar nicht die Möglichkeit hat, sich täglich zu verabreden. Dafür sind Plattformen gut. 

"Das ist natürlich einfacher, als jemanden anzurufen, den man jahrelang nicht gesehen hat, und den zu fragen: Hey, wie geht's denn eigentlich, auch wenn wir fünf Jahre keinen Kontakt mehr hatten?" 

Alles an allem will die Untersuchung von Jeannine Teichert aber keine Wertung der Plattformen und Dienste vornehmen. Sie sagt nicht aus, was besser oder schlechter, tiefgründiger oder oberflächlicher ist. Grundsätzlich zeigt die Studie: Wenn wir Social Media nicht hätten, dann hätten wir so manchen Kontakt auch nicht mehr. Man könne wunderbar in Kontakt bleiben, mit Menschen, mit denen man eigentlich keinen Kontakt mehr habe, so Teichert abschließend. 


Weitere Informationen:

Hier gibt es weitere Informationen über Jeannine Teicherts Untersuchung und andere Themen in diesem Kontext: 

Erinnern in und mit digitalen Medien